Viele Fragen offen, Sender will bei Fernseh-Freien sparen

03.06.2020

Der NDR möchte – einige Jahrzehnte nach ihrer Einführung – Schichtarbeit von Freien im Tarifvertrag regeln. Grundsätzlich eine richtige Idee! Nach dem Motto „Besser spät als nie“ hat ver.di im NDR also am Donnerstag an entsprechenden Tarifverhandlungen teilgenommen. Doch zur Klarheit hat der NDR kaum beigetragen: Kurz vor den Verhandlungen legte der NDR ein eilig zusammengestricktes Dokument vor, das wesentliche Rahmenbedingungen offen ließ. Schon die Abgrenzung zu Außenreporter-Diensten und zur Arbeit Festangestellter ist unklar.
Klar ist nur, dass Freie in Schichten nach einem vierstufigen, NDR-weiten Modell honoriert werden sollen, wenn sie crossmedial und überwiegend „vom Tisch“ aus arbeiten.

  • Für acht Stunden Arbeit im crossmedialen Newsroom soll es 250 Euro Grundhonorar geben – und das, wo der NDR meist nur wenige Schichten im Monat anbietet. Dazu können Zuschläge kommen. Aber wird es sie wirklich geben? Der NDR macht bisher nur vage Andeutungen…
  • Zuschlag 1: hier blieb unklar, wofür die 20 bis 30 Euro überhaupt gezahlt werden sollen.
  • Zuschlag 2: diesen soll es wohl z.B. bei Videoschalten oder Live-Aufsagern geben – 30 bis 70 Euro sind geboten.
  • Zuschlag 3: beträgt 70 bis 170 Euro und soll für das Arbeiten „unter hohem Druck“ gezahlt werden, wobei ja eigentlich fast alle Beiträge in der Aktualität unter hohem Druck entstehen…


Da nur jeweils ein Zuschlag gezahlt würde, könnte man damit auf maximal 420 Euro in acht Stunden kommen, würde aber doch nur mit 250 Euro dastehen, wenn kein Zuschlag gezahlt wird. Droht hier zusätzliche, crossmediale Arbeit auf Billig-Honorarniveau?
Für monomediale Schichten sollen übrigens 225 bis 270 Euro gezahlt werden – und das obwohl zumindest im Fernsehen bei Nachrichten-Schichten bereits eine tarifliche Untergrenze von gut 350 Euro gilt. Bisher zahlt etwa die ARD-Zulieferung in Schichten durchaus 450 Euro Tagessatz.
By the way: Im WDR sind in drei Stufen 350, 450 und 550 Euro Tagessatz im Tarifvertrag vereinbart – mit präzisen Tätigkeitsbeschreibungen. In Streitfällen kann sofort eine Clearingstelle angerufen werden.
Gut ist, dass der NDR endlich Schichten verbindlich im Tarifvertrag regeln will, auch die crossmediale Berichterstattung. Mehr als kritisch ist allerdings, dass insbesondere Freien im Fernsehen das Honorar um bis zu 50% gekürzt werden könnte, wenn sich der NDR einseitig durchsetzt. Es ist also noch viel zu klären: zukünftige Honorarhöhe, Tätigkeitsbeschreibungen, Abgrenzung zwischen Tischdiensten und Außeneinsätzen, Auftragsgarantien, besonderer Einkommensbestandsschutz etc. Zur nächsten Verhandlung am 11. Juni will der NDR sein Angebot präzisieren.

Deshalb seid ihr gefragt! Von Euch brauchen wir eine Rückmeldung auf folgende Fragen bis zum 9. Juni 2020 an bjoern.siebke@verdi.de:

  • 1. Wo arbeitest du?
  • 2. Welches Schichthonorar bekommst du derzeit und wie häufig wirst du eingesetzt?
  • 3. Welches Schichthonorar hältst du für angemessen und wie stark würdest du dich dafür einsetzen?

Nur wenn die Freien gemeinsam und selbstbewusst auftreten, werden wir gute Honorare durchsetzen können!
Übrigens: Starke Gewerkschaften brauchen viele Mitglieder. ;)
Infos dazu hier: https://macht-immer-sinn.de/